Bewegung ist wichtig für erfolgreiches Lernen.

Trotz normaler Intelligenz sind bestimmte Bausteine der kindlichen Entwicklung oftmals nicht genügend ausgereift und im Gehirn verankert. Werden diese neurophysiologischen Hintergründe nicht ausreichend berücksichtigt, greifen pädagogische Lernhilfen zu kurz und führen zu Frustration bei Schülern, Eltern und Lehrenden. Psychosomatische Beschwerden wie Schulbauchschmerzen, Kopfschmerzen oder Ängste und Schulunlust bereits in den ersten Schuljahren sind die Folge. Das Entwicklungsförderungs- und Bewegungskonzept FuxxLogix setzt frühzeitig an, schließt Lücken im Lernentwicklungsprozess, damit sich Lese-, Rechtschreib- und/oder Rechenschwächen sowie Lernschwierigkeiten gar nicht erst manifestieren, und Kinder mit Spaß und Erfolg am Schulunterricht teilnehmen können.

Bewegung fördert die Durchblutung und regt das Denken an

Bewegung und Lernen, das haben zahlreiche Studien belegt, gehören untrennbar zusammen. Stellen wir uns vor, wie es ist, ein sich in die Länge ziehendes, langweiliges Telefonat führen zu müssen. Manch einer nimmt hier einen Stift zur Hand und kritzelt nebenbei wirre Zeichnungen auf einen Notizzettel. Ein anderer steht auf und läuft durch den Raum. Hier reagiert der Körper intuitiv sinnvoll und versucht, durch Bewegung die nachlassende Konzentration aufrecht zu erhalten. Rein neurobiologisch lässt sich dieses Verhalten dadurch erklären, dass ein gut funktionierendes Gehirn unter anderem von einer optimalen Blutzirkulation und Sauerstoffversorgung abhängig ist. So kann die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung schon allein durch den Übergang von körperlicher Ruhe zu gesamtkörperlicher Bewegung gesteigert werden.

»Wer sich bewegt, dem fällt das Denken leichter«, ist ein bekannter Satz, und schon Goethe soll seine besten Gedanken auf Spaziergängen und Wanderungen gehabt haben. Die Nervenzellen arbeiten besser und leiten Impulse schneller weiter. Das wirkt sich positiv auf Aufmerksamkeit, Gedankenfluss und Sprache aus. Zudem unterstützt Bewegung die Bildung von Synapsen im Gehirn. Synapsen sind Schaltstellen im Gehirn, an denen Nervenzellen miteinander verbunden werden. Je mehr solcher Verknüpfungen im Gehirn entstehen, desto besser werden Informationen verarbeitet und desto besser können wir denken und lernen.

Nehmen wir einmal an, ein Kind muss sich folgende Fakten merken: »Oma wartet an der Bushaltestelle – Heute Nachmittag bin ich beim Friseur angemeldet – Der Hort fällt heute aus – Ich liebe Pfannkuchen mit Spinat – Ich muss Hausaufgaben machen – Oma kocht mein Lieblingsessen.«

Für sich alleine gesehen, als reine Fakten, hilft keine dieser Informationen. Erst eine logische Verknüpfung führt zu einem sinnvollen Ergebnis und hilft die Ereignisse zu ordnen bzw. den Tag zu strukturieren. Die Reihenfolge der Abläufe könnte so aussehen: »Heute fällt der Hort aus. Oma holt mich an der Bushaltestelle ab. Ich freue mich, denn ich weiß, sie hat bereits mein Lieblingsessen vorbereitet: Pfannkuchen mit Spinat – lecker! Dann mache ich meine Hausaufgaben.«

Lernen durch „selber machen“

Am besten lernen Kinder, wenn möglichst viele Sinne aktiviert werden und sie selber handeln. Der Lernforscher und Kybernetiker »Frederic Vester« hat hierzu einen Satz geprägt: »Lernen ist ein biologischer Prozess, bei dem geistige, psychische und körperliche Vorgänge untrennbar miteinander verbunden sind.«

Bewegung und Lernen beginnen bereits im Mutterleib, wenn das Baby auf bestimmte Laute der Mutter mit bestimmten Bewegungen reagiert, das haben Forscher um J.C. Pearce herausgefunden. Offensichtlich wird uns das, wenn wir beispielsweise ein schönes Musikstück hören. Dann bewegen wir hierzu den Kopf oder gar den ganzen Körper, verinnerlichen die Klänge und lassen Bilder entstehen. Viel früher in der kindlichen Entwicklung, in der Krabbelphase, entstehen hierfür bereits wichtige Verbindungen zwischen der rechten und der linken Hirnhemisphäre. Das ist wichtig, damit die Gehirnhälften mit ihren unterschiedlichen Funktionen später sicher und schneller zusammengeschaltet werden können. Kinder können dann leichter mit dem ganzen Gehirn und wesentlich effektiver lernen.

Durch Bewegungsspiele wie Hüpfspiele, auf Bäume klettern, Fußball oder Fangen spielen usw. werden die Gehirnhälften für eine optimale Zusammenarbeit fit gemacht. Es entstehen also weitere Nervenverbindungen zwischen der rechten und linken Gehirnhälfte und entsprechende Synapsen. Wenn Kinder aktiv sind, passiert also einiges im Gehirn. Zu neuen Erfahrungen kommen neue Informationen hinzu. Durch Bewegung lernen Kinder, sich im Raum zu orientieren und bekommen ein Gefühl dafür, was rechts und was links bedeutet, was vor oder hinter ihnen ist oder was vorher oder nachher passiert ist. Beim Klettern müssen sie sich beispielweise fragen: greife ich eher nach dem Ast oben rechts oder oben links – je nachdem welcher Ast danach näher ist. Hier entstehen auch wichtige Denkprozesse: die vorausschauende Planung. Hierzu muss das Kind sein Kletterziel kennen, also wissen, wo es hin will. Durch viel Ausprobieren, Erfolge und Misserfolge lernt es einzuschätzen, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit es einen Ast greifen kann. Es lernt Entfernungen einzuschätzen, die Astdicke zu berücksichtigen und sie in Beziehung zu den eigenen Kräften und Koordinationsfähigkeiten zu setzen.

Tatsächlich hat sich gezeigt, dass Kinder, die mit der Raumorientierung Schwierigkeiten haben, oft auch das Hantieren mit Zahlen schwer fällt. Denn: Erst wer sich im realen Raum zurecht findet, kann diese Fähigkeit auch auf den abstrakten Zahlenraum übertragen. Ähnlich verhält es sich beim Lesen und Schreiben. Damit Wörter einen Sinn ergeben, stehen die Buchstaben immer in einer bestimmten Reihenfolge.

Man kann bei Kindern der ersten Klasse häufig beobachten, wie sie sich die Wörter langsam vorsprechen und dabei die Reihenfolge der Buchstaben im Mundraum erspüren. Hierzu müssen sie zuvor tief verinnerlicht haben, was es bedeutet, einen Buchstaben vor einem anderen zu erspüren und herauszuhören. Diese Empfindungen müssen sie mit dem inneren Bild der entsprechenden Buchstaben verbinden. Sie müssen hoch feinmotorische Fähigkeiten entwickelt haben, um diese Buchstaben dann auf Papier zu bringen. Auch hier müssen sie wissen, in welche Richtung geschrieben wird und wie der Bewegungsfluss sein muss, damit das Resultat am Ende stimmt.

Die Balance halten

Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich die Raumvorstellung entwickelt, ist ein gutes Gleichgewicht. Das Gleichgewichtssystem steht mit vielen Teilen des Gehirns in Verbindung. Unter anderem beeinflusst es die Hör- und Sehwahrnehmung, auch die Feinmotorik und die Konzentration. »Wir erleben oft Kinder, die zappelig, unaufmerksam, unkoordiniert oder bewegungsunlustig sind. Diese Kinder haben meist auch mit der Verarbeitung von Gleichgewichtsreizen ihre Schwierigkeiten«, sagt Jutta Schenkel-Reineke, Ergotherapeutin und Lerntherapeutin aus Heidelberg, »scheinbar leichte Aufgaben, wie das ruhige Sitzen in der Schule oder das Verfolgen der Buchstaben mit den Augen beim Lesen fallen ihnen schwer. Sie lesen beispielsweise ungenau, lassen Silben oder Laute aus, sodass das Gelesene oft keinen Sinn ergibt«.

Eine großangelegte Studie des Hessischen Kultusministeriums befasste sich über einen Zeitraum von sechs Jahren mit der Frage, welche Auswirkung die Gleichgewichtsentwicklung auf die Lernentwicklung der Kinder hat. An der Studie nahmen 8500 Kinder im Alter von fünf bis 19 Jahren teil. Das Ergebnis: »Kinder die Probleme mit ihrem Gleichgewicht hatten, erzielten schlechtere Noten«, so Dorothea Beigel vom Hessischen Kultusministerium. Zudem fanden die Experten heraus, dass sich die Lernleistungen der Kinder insgesamt verbessern, wenn man das Gleichgewichtsempfinden gezielt fördert.

Literaturempfehlung
und Adressen

1.

E.Hoffmann/U. Striegel/J. Silberzahn:
Gleichgewichtstraining zu besseren Schulleistun-
gen, in: Forum Hals-Nasen-Ohrenheilkunde 5/2014

2.

Josie Booth: Associations between objectively
measured physical activity and academic attain-
ment in adolescents from a UK cohort, in British
Jurnal of Sports Medicine, 10/2013

3.

Bundesverband für Legasthenie,
www.bvl-legstehnie.de

Der Motor für das Lernen liegt immer im emotionalen Bereich, das heißt: alles was sie interessiert und woran sie Freude haben, lernen Kinder fast von selbst.

Die Autorin

Andrea Niebel ist Logopädin und klinische Lerntherapeutin und leitet eine Praxis in Berlin. Seit vielen Jahren arbeitet sie mit Kindern, die durch Entwicklungsverzögerungen im motorischen, sensorischen und sprachlichen Bereich auffallen. Gleichzeitig ist sie Geschäftsführerin der FuxxLogix-Trainings GbR. Das Trainingskonzept hat sie federführend entwickelt. Sie setzt sich dafür ein, das Wissen um die Bedeutung des Zusammenspiels von Bewegung, Wahrnehmung und Lernen nicht nur im therapeutischen Kontext zu integrieren. Sie arbeitet gezielt mit Schulen zusammen und unterstützt und befähigt Lehrer, Fehlentwicklungen in der Lernentwicklung der Kinder frühzeitig zu erkennen, mit gezielten Maßnahmen zu unterstützen und den Spaß am Lernen zu fördern.
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